Aus den Augen einer Obdachlosen im Flüchtlingsheim

Aus den Augen einer Obdachlosen im Flüchtlingsheim

Foto: Maximilian Bier

In der alten Bayrischen Kaserne in München, die wir am Montag besichtigt haben, leben Geflüchtete mit deutschen Wohnungslosen zusammen. Unsere Gruppe hat spontan mit der Wohnungslosen Christine Groß über die aktuelle Flüchtlingspolitik in Deutschland, Integration und ihr Verhältnis zu ihren Mitbewohnern gesprochen. Sie ist 58 Jahre alt und wohnt seit einem Jahr in dem Wohnkomplex. Mittlerweile hat sie eine Wohnung gefunden, bald kann sie aus der Kaserne ausziehen. 

In Christine Groß Haus wohnen hauptsächlich Frauen, manchmal aber auch Paare. Sie selbst teilt sich ein Zimmer mit einer Frau aus Somalia und “es passt ganz gut“. Frau Groß kommt es nicht auf die Herkunft der Menschen an, sondern darauf ob man ihr selber mit Respekt begegnet: “Wenn der Mensch nett zu mir ist, bin ich auch nett zu ihm.“ Allerdings wisse sie auch, dass es für die Neuankömmlinge nicht gerade leicht ist – „ man ist erstmal alleine“.

Ihr Alltag verläuft ruhig, sie ist gerne draussen oder liest, aber am wichtigsten sei es, „sich mit sich selbst beschäftigen zu können“. Wenn viele Bewohner draussen unterwegs sind, sehe sie schon Rassismus, sagt sie, aber von beiden Seiten aus. Allerdings findet sie es viel wichtiger, die Integration der Geflüchteten aus Afrika zu betonen: „Immer wieder stelle ich fest, dass viele auch unheimlich bemüht sind, ich würde sagen weit über 90 Prozent“. Besonders gefalle ihr, dass die Geflüchteten das Erlernen der deutschen Sprache sehr ernst nehmen. „Du merkst die wollen das auch, manche Leute sind hier ein Jahr und sprechen besser Hochdeutsch als ich!“ Dabei sieht sie bestimmte Herkunftsorte als „schneller lernend und integrierend“ als andere; besonders positiv engagiert seien ihr Personen aus Afrika aufgefallen.

Im weiteren Gesprächsverlauf geht es um Flüchtlingspolitik: Frau Groß wünscht sich, dass die Politiker „weniger reden und mehr mit anpacken“, sich einsetzen für Wohnungslose wie sie, aber auch für Geflüchtete. Als Bürgerin fühlt sie sich machtlos und möchte mehr direkte Demokratie. 

Allerdings sieht sie auch eine gewisse Problematik bei großen Familien, die trotz ihrer Notlage noch weitere Kinder in Deutschland bekommen. Sie weiß nicht, wie all dies vom Sozialstaat finanziert werden soll und wie Eltern dies verantworten können.

Nach dem Gespräch müssen wir erstmal länger nachdenken, und genau das ist, was wir auf dieser Reise erleben wollten: Austausch mit Personen und Meinungen, die wir eventuell nicht unbedingt zu hundert Prozent teilen, die aber eine neue Perspektive eröffnen.

von Miriam Wilms, Leïa Mion, Maike Fuhrmann und Maximilian Bier

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